"Wir haben die Uhr, die haben die Zeit"
Spendenpartner Michael Hoppe von steps for children im Interview
Unsere neue Praktikantin Merrit sprach mit dem Gründer unseres Spendenpartners steps for children Michael Hoppe. Sie fragte ihn, warum er sich seit Jahren für Kinder in Namibia engagiert und erfuhr, warum in Afrika die Uhren anders ticken.
Wieso haben Sie sich entschlossen Kindern in Afrika zu helfen?
Dazu gekommen bin ich, als ich 2002 aufgehört habe als kapitalistischer Unternehmer zu arbeiten, weil ich mal was anderes machen wollte. Ich wollte Kinder und Jugendliche unterstützen, denn für mich ist es die bedürftigste Zielgruppe, wo man auch am meisten bewegen kann.
Wie lange gibt es steps for children schon?
Die Stiftung und der Förderverein wurden Ende 2005 gegründet und das erste Projekt in Okakarara im April 2006. Mittlerweile sind es fünf Projekte in Namibia.
Und wie sind sie auf den Namen gekommen, was bedeutet er?
Das hört sich immer so einfach an, aber es steckt natürlich viel Brainstorming und Kreativleistung dahinter. Zudem sollte dieser etwas mit Kindern beinhalten. Da wir das Projekt sozusagen Schritt für Schritt, so wie kleine Kinderschritte aufbauen wollten, bildete sich irgendwann der Name “steps for children“.
Warum unterstützen Sie hauptsächlich Vorschulkinder und warum ist für Sie die Unterstützung der Bildung so wichtig?
In Ländern wie Namibia oder in anderen Ländern, wo Armut herrscht, ist ein Grund der Armut unter anderem der schlechte Bildungszustand oder die schlechte Ausbildung und diese fängt eben bei Kindern an.
Ist Bildung für Sie Hilfe zur Selbsthilfe?
Wir geben Hilfe in Form von Bildung, damit die Menschen es später leichter haben einen Job zu finden. Aber wir geben Bildung auch in Form von AIDS-Aufklärung. Jedoch sehe ich eigentlich die Einkommen erzielenden "steps" z.B. Suppenküchen oder Computerschulen mehr als Hilfe zur Selbsthilfe. Diese "steps" sind Projekte, die von lokalen Mitarbeitern geleitet und aufgebaut werden und in denen sie von uns das Know How vermittelt bekommen.
Sie betreuen auch sogenannte Schutzengelkinder. Worum geht es bei diesem Programm?
Das sind Kinder, die bei uns in der Vorschule waren, die besonders begabt und ehrgeizig sind. Jedes Jahr wählen wir zwischen 5 und 10 Kinder aus unseren Vorschulkindern aus. Diese Schutzengelkindergemeinde wächst stetig. Momentan haben wir jetzt etwas über 50 Schutzengelkinder.
Wie unterstützten Sie diese Kinder und was lernen sie bei Ihnen?
Die Schutzengelkinder werden von uns finanziell und im Projekt unterstützt. Wir zahlen einerseits das Schulgeld, die Kleidung, die Bücher, alles was notwendig ist. Das entscheidende ist aber, dass sie zu uns zum Mittagessen wieder zurück ins Projekt kommen und nachmittags eine Unterstützung in Form von Schularbeiten und Spiel, Sport und Spaß bekommen. Wenn sie älter sind erhalten sie von uns auch Unterstützung in Form von Computerarbeiten.
Wie wählen Sie die Kinder für das Schutzengelprogramm und die Vorschule aus?
Wir wählen die Kinder hauptsächlich nach Bedürftigkeit aus. In der Regel sind es HIV/Aids Waisen, sogenannte OVC (orphans and other vulnerable children). Das heißt nicht, dass sie selbst HIV-positiv sind, sondern dass sie im Zusammenhang mit dieser Krankheit zu Waisen oder Halbwaisen geworden sind. Also wenn der Vater z.B. unbekannt oder tot ist. Aber meistens kümmert sich die Mutter wegen Alkoholabhängigkeit, Prostitution oder anderen Tätigkeiten nicht um die Kinder.
Die Arbeit im Ausland ist auch immer mit vielen Herausforderungen verbunden. Welche Hürden mussten Sie überwinden?
Wo fange ich an? Ich bin ja als guter deutscher Unternehmer dort hingegangen und hatte gedacht ich könnte mal eben so ein Projekt gründen. Relativ schnell musste ich jedoch feststellen, dass dort die Uhren nicht nur anders gehen, sondern Afrika tickt grundsätzlich total anders. Das eine Sprichwort sagt: “Wir haben die Uhr und die haben die Zeit“. Und so ist es auch. Das Erste, was ich lernen musste, war Geduld, das Zweite Demut, das Dritte Gelassenheit, das Vierte nie aufgeben und als Fünftes die Hoffnung stirbt zuletzt.
Sie haben gesagt, Afrika tickt anders. Können Sie ein Beispiel nennen?
Wir hatten jetzt mittlerweile einen dritten Computerlehrer. Die hauen immer wieder ab. Und so stellt sich bald die Frage warum das so ist. Denn schließlich bekommt er doch ein Einkommen. Wenn man anfängt zu graben, dann merkt man, was denn ein Einkommen in Namibia überhaupt bedeutet. In Namibia haben die Menschen eine große Familie. D.h. sobald jemand Geld verdient, kommen aus allen Löchern irgendwelche Cousins, Schwestern, Brüder, Onkels oder andere Familienmitglieder und bitten um Geld. Das geliehene Geld wird nur nie wieder zurückgegeben. Dann fragen sich natürlich die Arbeiter, wozu sie dann noch arbeiten sollen, schließlich können sie es ja selber ausnutzen und jemanden finden, der gerade Geld verdient hat. So was muss man natürlich erst mal verstehen. Sodass ein finanzieller Anreiz manchmal nicht gut oder sogar kontraproduktiv ist. Das trifft übrigens eher auf die Männer zu.
Warum haben Sie sich entschlossen mit beliya zusammenzuarbeiten?
Ich fand die Idee von beliya super. Ich habe nicht aktiv gesucht, sondern Annika und Andrea sind auf mich zugekommen. In diesem Fall finde ich die Idee von beliya wunderbar. Das Design und den Hintergrund der Taschen finde ich sehr toll und die Idee mit den Taschen unsere Kinder zu unterstützen finde ich genial. Es ist eine absolute win-win-Situation.
Haben Sie eine Idee wie man die beliya Idee weiterentwickeln könnte?
Wir stellen in unseren Nähstuben Stofftaschen her, die aus dem sozialen Gedanken heraus gekauft werden, aber keine Schmuckstücke sind. Vielleicht könnten Sie für uns mal etwas designen, was wir in Namibia herstellen können und was aus der Attraktivität des Produkts heraus gekauft wird. Eine Möglichkeit wäre z.B. eine Tasche aus Autoreifen oder aus Naturstoffen, die man vor Ort findet oder aus irgendwelchen anderen Resten.
Wie stellen Sie sicher, dass die Spenden bei den Kindern ankommen? Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Arbeit in Namibia?
Jedes Projekt hat sein eigenes Konto und wir überweisen das Geld von hier auf das Konto des Projekts und nicht an irgendeine Privatperson. Es gibt für jeden Ort eine Buchhaltung die ich jeden Monat bekomme. Ich überprüfe momentan die Zahlen und kann den Weg des Geldes bis hin zum Verkauf von jeder Suppentüte verfolgen. Die andere Erfolgskontrolle ist, dass wir sehen, dass die Kinder da sind und dass sie glücklich sind. Also wenn ich hinkomme und da laufen mir 100 glückliche Kinder entgegen, ist es für mich ein Erfolg. Wenn ich auch noch sehe dass das Curriculum angewendet wird und die Kinder wirklich was lernen, dann finde ich es noch besser. Zudem sind die Schutzengelkinder fast ausnahmslos signifikant besser in der Schule als alle anderen Schüler. Nicht nur weil sie bei uns Nachhilfe bekommen, sondern weil sie auch von ihrer Grundeinstellung mittlerweile anders sind. Sie sind viel engagierter.
Weitere Informationen über steps for children, die Projekte und die Projektorte erhalten Sie auf der Website und in der Videogalerie. Zudem können Sie den steps for children Newsletter abonnieren oder werden Sie Fan auf der steps for children Facebook Seite.